Dieses Interview wurde am 3. Sept. 1980
von einer Gruppe junger Menschen eines
Gymnasiums aus Butzbach (Hessen)
mit Marietta Merck geführt.
     
 
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und Relief - sind mir die hier gebotenen Übungen und Korrekturen im Zeichnen sehr zustatten gekommen. Während dieser Zeit des ersten Weltkriegs fanden sich Soldaten aus dem Lazarett ein, die sich in ihrer Freizeit als Portraitmodell zur Verfügung stellten. 
Auf einer Reise nach München lernte ich, zusammen mit meiner Mutter, die Bildhauerin Jenny von Bary kennen. Der stattliche Haarknoten, den ich als Mädchen trug, hatte es ihr offensichtlich sehr angetan. Ihren Wunsch mich zu modellieren konnte ich ihr aber erst erfüllen, als ich einundzwanzig Jahre alt geworden war und von meiner Mutter die Erlaubnis erhielt, für längere Zeit in die Großstadt zu reisen.
In München, wo man sich als Künstler die Modelle auf dem Modellmarkt aussuchen konnte, arbeitete ich zunächst in dem Atelier von Frau von Bary. Später unterrichtete mich der Bildhauer Prof. Bermann, dessen Korrekturen besonders sorgfältig und ohne Rücksicht auf die Zeitdauer erteilt wurden: Er hat sich für eine Korrektur bis zu einer Stunde Zeit genommen!

Arbeitsgemeinschaft:
Frau Merck, Sie haben als Malerin seit den zwanziger Jahren immer wieder dem Portrait den Vorrang gegeben. Was nimmt Sie so für das Portrait ein?

Merck:
Die unendlich vielen Ausdrucksarten der Menschen; ihre physiognomischen Äußerungen; Miene, Gebärde, Geste; Kopf; Antlitz, Gesicht; - diese Stichworte umreißen nur unvollkommen die Aufgabe des Portraitisten.
Immer versuche ich, dieser Aufgabe mit wenig Mitteln gerecht zu werden. Dabei kommen mir gewiß als Malerin die in der Bildhauerei erworbenen Fähigkeiten zugute; denn ein gemaltes Portrait soll "plastisch" sein!   >> weiter